Der Lektoren-Ausbilder Evgenij Unker erklärt, wie du am besten eine Buchkritik schreibst.
Es geht um Aufbau, Inhalt und Stil deiner Buchrezension.
Die Wörter Buchkritik, Rezension, Besprechung verwendet ich im Folgenden synonym.
Wozu Bücher rezensieren?
Es gibt einige gute Gründe, Buchbesprechungen zu schreiben:
- Aus lauter Begeisterung oder aus Unmut – als Meinungsäußerung.
- Zur Profilierung als Experte auf einem Fachgebiet (Sachbuch) oder bei einem bestimmten Genre (Belletristik).
- Zur Meinungsbildung und Einflussnahme (als Publizist, Influencer, Gesellschaftskritiker, politischer Aktivist etc.).
- Als Auftragsartikel für eine Zeitschrift oder Zeitung – also für Geld.
- Als Haus- oder Übungsaufgabe an der (Hoch-)Schule.
Wozu Buchrezensionen lesen?
Rezensionen lesen wir aus drei Gründen:
- Unterhaltung: An so unterhaltsame Literaturkritiker wie Marcel Reich-Ranicki erinnern wir uns noch lange nach ihrem Tod.
- Information: Niemand kann alles lesen. Buchkritiken helfen, schnell einen Überblick über die Neuerscheinungen zu einem Thema oder in einem Genre zu bekommen.
- Unterstützung bei Kauf- und Leseentscheidungen: Soll ich mir den neuen Fitzek holen oder nicht? Lohnt es sich, das letzte Buch von J. K. Rowling zu lesen?
Idealerweise behälst du alle drei Gründe im Hinterkopf, wenn du deine Rezension schreibst.
Darf ich im Auftrag des Autors oder Verlags eine Rezension schreiben?
Manche schreiben Rezensionen als Freunschaftsdienst oder gar, weil sie vom Autor dafür bezahlt werden: in Geld oder durch andere Gegenleistungen. Andere tun es für ein kostenloses Rezensionsexemplar.
An sich ist das kein Problem – nur sollte aus der Rezension ersichtlich sein, dass es sich nicht um eine freie Meinungsäußerung, sondern um bezahlte Werbung, einen Freundschaftsdienst oder eine Rezension gegen ein kostenloses Buchexemplar handelt.
Beachte, dass du bei Missachtung dieser Offenlegungspflicht gleich gegen mehrere Gesetze und Richtlinien verstoßen kannst:
- Der Deutsche Pressecodex sieht zum Beispiel in Ziffer 7 explizit vor, dass zwischen redaktionellen (unabhängigen) Inhalten und bezahlten Inhalten unterschieden wird.
- Amazon und ähnliche Plattformen verbieten explizit Rezensionen, die mit einem finanziellen Interesse erfolgen.
- § 5a UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) verbietet die Irreführung von Verbrauchern durch Unterlassen. Dazu zählt das Unterlassen des Hinweises, dass es sich bei einer Rezension, etwa in sozialen Medien, um Werbung handelt. Als Werbung gilt jede Meinungsäußerung, die mit einer Gegenleistung verbunden ist. Als Gegenleistung zählen nach aktueller Rechtsprechung Geldzahlungen, aber auch kostenlose Rezensionsexemplare und gewährte Rabatte.
Wo werden Buchkritiken veröffentlicht?
Buchkritiken erscheinen oft als Kundenrezensionen in Online-Shops wie Amazon oder in Bewertungsportalen wie https://www.trustedshops.de.
Tages- und Wochenzeitungen veröffentlichen ebenfalls oft Buchkritiken im Feuilleton-Teil. Hier schreiben in der Regel festangestellte oder frei mitarbeitende Journalisten und Publizisten.
Natürlich gibt es auch eine ganze Reihe spezialisierter Buchzeitschriften wie das Börsenblatt.
Buchblogger wie die Finfluencerin Celine Nadolny füllen ganze Websites und Social-Media-Profile mit Buchbesprechungen.
Was gehört in eine Rezension?
Um den Informationswunsch deiner Leser zu befriedigen, solltest du idealierweise die folgenden Informationen liefern:
- Genre und Zielgruppe,
- Inhaltsangabe,
- stilistische, inhaltliche, strukturelle, thematische Besonderheiten,
- deine Einschätzung (lesenswert oder nicht, Lese-Empfehlung oder Flop),
- ggf. fachliche Hintergründe (historisch, politisch, kulturell etc.),
- biografische Angaben zum Autor,
- ggf. Hinweise auf andere Texte des Autors,
- ggf. Hinweise und Vergleich mit anderen Texten zum selben Thema oder im selben Genre,
- bibliografische Angaben:
- vollständiger Name des Autors,
- Titel und Untertitel,
- ggf. Reihenbezeichnung,
- ggf. Angabe der Originalsprache und des Übersetzers,
- Verlag,
- Ort,
- Veröffentlichungs-Jahr,
- ggf. Preis,
- ggf. Cover-Bild.
Wie strukturierst du deine Buchkritik?
Bei der Struktur deiner Rezension bist du recht frei.
Gerade bei längeren Rezensionen (über eine halbe Seite) ist es allerdings ratsam, den Text in thematische Abschnitte mit sprechenden Zwischenüberschriften zu gliedern. Thematisch können die Abschnitt den jeweiligen Themen zugeordnet sein:
- Inhalt,
- Stil,
- Hintergründe,
- Autorenvita,
- Vergleich mit anderen Büchern (des Autors, desselben Genres, mit ähnliches Story etc.)
- ...
So kann jeder Leser schnell zu dem Thema springen, das ihn am meisten interessiert. Und er muss keine Angst haben, dass er in der Inhaltsangabe mehr erfährt, als ihm lieb ist (Stichwort: Spoileralarm).
Stilistische Tipps für deine Buchkritik
Rezensionen schreiben wir in Präsens – der Gegenwartsform.
Statt: Peter Pan lebte auf der Insel Nimmerland.
Besser: Peter Pan lebt auf der Insel Mimmerland.
Das betrifft sowohl die Handlung des Buches als auch deine eigenen Leseerfahrungen:
Statt: Ich las das Buch in einem Rutsch durch.
Besser: Ich lese das Buch in einem Rutsch durch.
Denk auch dran, dass wir Rezensionen zur Unterhaltung und zu Informationszwecken lesen. Reine Bewertungen oder subjektive Leseeindrucke interessieren deine Leser in den seltensten Fällen. Spannender sind deine Beschreibungen und deine Begründungen:
Statt: Die Handlung finde ich spannend.
Besser: Die Handlung ist voller überraschender Wendungen. Beim Lesen vergesse ich sogar, die Chips in mich hineinzustopfen, und lese bis zwei Uhr in der Nacht – obwohl ich am nächsten Tag um acht einen lebenswichtigen Maniküre-Termin habe und ihn fast verpasse.
Beschreibung des Stils
Informativer als schlichte Wertungen à la „gefällt mir“ oder „gefällt mir nicht“ sind für deine Leser konkrete Beschreibungen des Stils.
Ist der Stil lustig, locker, bildhaft, dynamisch? Oder tiefsinnig-philosophisch, lyrisch, emotional? Detailliert, fantasievoll, abwechslungsreich, sprachlich holprig?
Beschreibung von Illustrationen
Statt von „tollen Illustrationen“ zu schreiben, nenne ein paar Fakten. Sind die Bilder in Farbe oder schwarz-weiß? Nehmen sie ganze Doppelseiten ein oder sind sie nur Deko am Rand?
Bringen sie eine neue Interpretationsebene in das Buch (welche?)? Oder sind sie einfach nur lustig, gesellschaftskritisch oder gar besser als der Text? Hat der Illustrator eine besondere Maltechnik, einen bestimmten Stil?
Liest du gern?
Wenn du gerne liest, gibt es neben dem Rezensieren von Büchern für dich noch eine Möglichkeit, dein Wissen und deine Lese-Erfahrung zu teilen: nämlich als Lektor.
Als Lektor liest du und optimierst Texte anderer, unterstützt sie beim Formulieren und verdienst damit Geld – etwas, was nur ganz wenige Rezensenten in Deutschland erreichen.
Erfahre mehr über die Ausbildung zum Lektor >>
Evgenij Unker
23.04.2025, aktualisiert am 25.04.2025
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