Lektor und Lektoren-Ausbilder Evgenij Unker mit fünfzehn Jahren Erfahrung in der Branche beschreibt den Textmarkt und skizziert deren Entwicklung.
Außerdem beantwortet er die folgenden Fragen:
- Werden bald gar keine Lektoren mehr benötigt, weil die künstliche Intelligenz alle ersetzt?
- Gibt es nicht schon genug Lektoren? Wozu braucht es noch mehr?
- Wie sind die Verdienst-Chancen in der Branche?
Viel Halbwissen im Umlauf
Ein paar Fragen und Kommentare von Menschen, die sich mit dem Lektorat noch nicht intensiv beschäftigt haben:
Braucht der Markt denn so viele Lektoren? Der Lektorenausbilder Evgenij allein hat schon hunderte ausgebildetet. Wie viel braucht es noch davon?
Der Markt ist schon übersättigt. Es gibt zu viele Billiganbieter, die sich gegenseitig mit Dumping-Preisen unterbieten. Leben kann man davon nicht.
Gelegentlich berichten auch erfahrene Lektoren von negativen Erfahrungen:
Freiberuflich zu arbeiten ist gar nicht so einfach. Auch nicht mit den bekannten Vermittlungs-Plattformen.
Hahaha, ich war 15 Jahre lang Verlagslektorin. Das hat mit Lesen nur am Rande etwas zu tun. Und als Karriere ist es alles andere als empfehlenswert: Unterbezahlt, in den verantwortungsvolleren Positionen unfassbar stressig und insgesamt ziemlich frustrierend. Tut es nicht!
Der Textmarkt ist der größte Markt überhaupt
Ist dir schon aufgefallen, dass du es ein dutzend Mal am Tag mit Texten zu tun hast?
- Werbeplakat an der Bushaltestelle,
- Informationsschreiben der Stadtverwaltung in einem Briefkasten,
- Website deines Lieblings-Onlineshops,
- Bedienungsanleitung deines Staubsaugers,
- die Spiel-App auf deinem Handy,
- Beipackzettel deiner Kopfschmerztabletten,
- der Flyer des Pizza-Bringdienstes,
- die Abschlussarbeit deiner Tochter,
- das Drehbuch und die Untertitel deiner Lieblings-Netflix-Serie,
- dein Gute-Nacht-Krimi,
- die Wochenzeitung auf deinem Tablet,
- das Erstlesebuch deines Sohnes,
- das Magazin im Wartezimmer seines Hausarztes
- ...
Und das sind nur ein paar Beispiele. Die Liste lässt sich beliebig fortführen.
Automobil, Pharma, Wissenschaft, Bildung, Medien, Werbung, IT, Politik und Verwaltung – alle großen und kleinen Branchen sind nur mit und dank Sprache und Texten möglich.
Der Textmarkt ist und bleibt der größte Markt überhaupt. Mit Texten und mit Sprache werden jährlich Milliarden Euros umgesetzt.
Solange du selbst keine Milliardenumsätze machst, gibt es für dich keinen Grund zu behaupten, dass der Markt übersättigt ist und dass du schon alle deine Möglichkeiten ausgeschöpft hast.
Warum verdienen dann nicht alle Lektoren so gut?
Um als Tischler deine Arbeit gut zu machen und gutes Geld zu verdienen, gehst du Jahre lang in die Lehre. Du lernst, deine Werkzeuge zu gebrauchen und unterschiedliche Holzarten zu bearbeiten.
Im Lektorat ist es nicht anders. Lektor ist ein sehr anspruchsvoller, vielseitiger, intellektueller Beruf. Du musst die Rechtschreibung und die Grammatik sowie unterschiedliche Textarten beherrschen.
Du musst deine Werkzeuge – deinen Computer, Textverarbeitungsprogramme, Nachschlagewerke, KI-Tools – kennen und effektiv zu nutzen wissen.
Und wenn du freiberuflich tätig bist, musst die dich mit der Selbständigkeit und mit der Kundengewinnung auskennen.
Viele Lektoren sind nicht oder nicht gut für den Beruf ausgebildet. Selbst ein Germanistik-Studium bereitet entgegen einem verbreiteten Irrglauben nicht auf den Beruf vor.
Die meisten Lektoren haben sich zudem nie mit wirtschaftlichen und Marketing-Themen beschäftigt.
Es ist also überhaupt kein Wunder, dass recht viele Kollegen Schwierigkeiten haben, an Kunden zu kommen, die Kunden zu behalten und gute Honorare zu erzielen.
Es geht anders
Und das weiß ich aus eigener Erfahrung. Ich bin seit fast fünfzehn Jahren freier Textprofi und Betreiber der Textagentur Lektorat Unker.
Ich kenne beide Seiten der Branche: die des Auftraggebers und die des Auftragnehmers.
Als Deutschprofi verdiene ich sechsstellig im Jahr. Dabei ist Deutsch nicht einmal meine Muttersprache.
Ich weiß, dass man sowohl das Sprachliche, Handwerkliche als auch alles Marketing-Technische lernen und effektiv umsetzen kann.
Realistische Verdienst-Möglichkeiten
Heute helfe ich anderen Kollegen, in diesen Beruf reinzukommen und damit finanziell erfolgreich zu sein.
In der Grundausbildung zum freien Lektor lernst du die Grundlagen und beginnst nebenberuflich mit dem Geldverdienen als Lektor. In der Regel startest du mit einem Stundensatz von 20,00–30,00 Euro.
Im Profikurs freies Lektorat lernst du, wie du dich als Fachlektor spezialisierst. Damit findest du eine Nische, in der du keine Konkurrenten hast. Dann ist es dir völlig egal, ob es noch viele anderen Lektoren in anderen Nischen gibt oder nicht. So kannst du 75,00 Euro und mehr pro Stunde verdienen.
Was ist der Unterschied zwischen freiem Lektor und Verlagslektor?
Verlagslektoren sind mehr Projektmanager als Lektoren im eigentlichen Sinn. Sie koordinieren Buchprojekte zwischen Autor, Verlagsleitung, Druckerei, Setzerei, Marketing-Abteilung.
Sie organisieren Lesungen, schreiben Verträge und Absagen für unverlangt eingereichte Manuskripte. Die eigentliche Textarbeit gerät ins Hintertreffen und wird oft komplett an uns freie Kollegen delegiert.
Außerdem sind Verlagslektoren festangestellt und haben mit allen Nachteilen der Festanstellung zu kämpfen, als da wären: unflexible Arbeitszeiten, Weisungegebundenheit, geringe Befugnisse bei gleichzeitig hoher Verantwortung, geringerer Verdienst und Abhängigkeit von einem einzigen Arbeitsgeber/Vorgesetzten.
Zudem sind solche Stellen – aus idealistischen Gründen – sehr begehrt. Die Anforderungen an die Bewerber und der Wettbewerb sind enorm. In der Regel wird ein Hochschulstudium erwartet – sowie viele Praktika und Volontariate.
Es kann Monate und Jahre dauern, bis du überhaupt so eine – oft am Anfang gar nicht oder nur sehr schlecht bezahlte – Stelle findest.
Daher bevorzuge ich persönlich das freie Lektorat. Als Freiberuflicher verdienst du mehr, arbeitest mit spannenderen Texten – nämlich denjenigen, die du dir selbst aussuchst – und du hast den ganzen Stress von Angestellten nicht.
Du kannst sofort innerhalb von ein paar Stunden oder Tagen starten und sofort Geld verdienen. Ganz ohne Studium. Du bestimmst selbst, an welchen Texten, wann, wo, mit wem und wie du arbeitest.
Schreibe mir am Ende dieses Artikels einen Kommentar, falls du weitere Vor- und Nachteile der Freiberuflichkeit erfahren möchtest und einen ausführlicheren Vergleich zwischen Festanstellung und Selbständigkeit gut fändest.
Wie entwickelt sich der Textmarkt, gerade jetzt mit der KI?
Ich bin aktiver Marktteilnehmer seit 2011. In den letzten 15 Jahren steigt die Nachfrage nach qualifizierten Lektoren immer weiter.
Warum ist das so? Im Folgenden einige der Gründe:
- Digitalisierung. Immer mehr Kommunikation geschieht über das Internet, über Websites und Apps. Das führt zu einem größeren Bedarf an Texten. Diese müssen erstellt, übersetzt und korrigiert werden.
- Globalisierung. Heute ist es völlig normal, Waren im Ausland (China, Großbritannien, USA) zu bestellen und nach Deutschland, nach Österreich oder in die Schweiz liefern zu lassen. Das führt dazu, dass immer mehr ausländische Unternehmen ihre gesamte Außenkommunikation und alle Produkt- und Service-Angebote ins Deutsche lokalisieren.
- Outsourcing. Sogar klassische Lektoratshochburgen wie Verlage und Zeitungen übergeben die eigentlichen Korrektorats- und Lektoratsarbeiten immer häufiger an freie Lektoren und Korrektoren. Die Verlagslektoren selbst werden zunehmend zu Projektmanagern, die Textprojekte lediglich koordinieren.
- Pandemie: Die zeitweilig geltenden Kontaktbeschränkungen verstärkten die genannten drei Prozesse und führten zu einer grundsätzlichen Veränderung des Konsum- und Arbeitsverhaltens. Noch mehr passiert jetzt online, noch mehr schriftlich und remote. Auch die Arbeitswelt wird digitaler. Die Arbeit im Homeoffice und die Auslagerung interner Textarbeit an Freiberufler nehmen zu. Kurzarbeit und Jobverlust führten außerdem dazu, dass viele sich selbständig machten und/oder anfingen, literarisch zu schreiben. Beides hat mehr Aufträge für uns Lektoren zur Folge: Bücher, Werbeflyer, Websites etc.
- Künstliche Intelligenz. Nein, KI existiert nicht erst, seitdem sie in aller Munde ist. Sie ist in der Branche viel länger in der Diskussion und auch schon länger im Einsatz, als ich als Lektor aktiv bin. Und das sind schon fast fünfzehn Jahre. Und nein, sie nimmt uns Lektoren die Arbeit nicht weg. Im Gegenteil, jetzt entstehen mit wenigen Klicks Texte, die früher gar nicht entstanden wären. KI-generierte Texte bedürfen immer eine gründlichen Überprüfung durch einen qualifizierten Textprofi: inhaltlich, stilistisch, strukturell, wirkungstechnisch und sogar rein grammatisch-orthografisch. Bedenke auch: Die meisten modernen KI-Modelle sind eigentlich Sprachmodelle: Auch die KI selbst und deren Nutzung ist und bleibt deshalb ohne hochqualifizierte Sprachexperten unmöglich.
Beispiel-Analyse eines KI-generierten Textes
Im Folgenden analysiere ich einen von ChatGPT erstellten Text. Darin siehst du, wie ein Lektor vorgeht, auf welche Aspekte er achtet und wie weit die KI noch von richtig guten Texten entfernt ist:
Das Video ist vom 21.06.2023 und basiert auf der kostenlosen Version von ChatGPT. Seitdem hat sich ChatGPT natürlich weiterentwickelt.
Und die kostenpflichtige Version liefert generell etwas bessere Ergebnisse. Trotzdem gelten die im Video gemachten Schlussfolgerungen auch für alle neueren Programmversionen.
Wenn du mehr über den Einsatz von KI bei der Textarbeit erfahren möchtest, sichere dir mein Lernvideo zum Thema. Dieses erscheint im Dezember 2024. Schreib mir dazu an lektorat@unker.de.
Fazit
- Der Textmarkt ist der größte Markt überhaupt. Keine andere Branche könnte ohne Sprache und ohne Texte existieren.
- Die Nachfrage wächst aktuell noch weiter wegen der Digitalisierung, Globalisierung, Pandemie, wegen des Trends bei vielen Unternehmen zum Outsourcing und vor allem wegen der KI.
- Es gibt viele Hobby-Korrekturleser und Laien-Testleser. Hochqualifizierte und erfahrene Textprofis sind äußerst selten und werden dringend gebraucht.
- Mit meinem Profikurs freies Lektorat spezialisierst du dich als ein solcher hochqualifizierter Fachlektor und erzielst Stundensätze ab 75,00 Euro.
- Dann musst du dir keine Gedanken über Konkurrenz machen. Denn dann hast du keine Konkurrenz.
Evgenij Unker, 07.11.2024
Hinterlasse einen Kommentar
Hast du Fragen oder Anregungen zu diesem Artikel? Schreibe mir dazu bitte einen Kommentar. Dein Beitrag erscheint nach Prüfung durch einen Moderator.
Wenn dir der Artikel gefällt, verlinke ihn bitte auf deiner Homepage oder teile den Link in Social Media. Danke!