Eine magische Schule ohne Lehrer, dafür mit umso mehr Monstern. Eine perfekte Kombi für einen Academia-Fantasy-Roman, findet unsere Rezensentin Michelle Szellas.
Mal eine andere Abi-Prüfung
Eine magische Schule ohne Lehrer, in denen die Schüler nicht nur den Unterricht überstehen müssen, sondern auch in ihrer Freizeit den zahlreichen Monstern aus dem Weg gehen müssen, die versuchen, sie zu töten. Um Zauber wirken zu können, müssen die Schüler magische Energie (genannt Mana) herstellen, beispielsweise durch Sport, aber auch Häkeln oder ähnliche Aufgaben.
Die Protagonistin El hat eine Affinität für besonders, naja, tödliche und verheerende Zauber. Selbst wenn sie die Schule um einen einfachen Zauberspruch zum Putzen bittet, bekommt sie einen, mit dem man ganze Städte auslöschen kann. Sie hat früh gelernt, dass sie kein besonders freundlicher Mensch ist. Sie hat leider kein Netzwerk, das sie eigentlich besonders benötigt, um in der Schule zu überleben.
Die Scholomance ist nicht nur dadurch etwas Besonderes, da sie nur magische Kinder aufnimmt, sondern auch dadurch, dass sie sich selbst verwaltet. Die Schüler bekommen die Aufgaben, Stundenpläne oder Zaubersprüche durch ihre magischen Pulte. Erwachsene gibt es keine und auch keinen Kontakt nach außen.
Dafür gibt es innerhalb der Schule verschiedene Monster, die die Kinder fressen möchten. Über allem schwebt das Damoklesschwert der Abschlussprüfung. Denn diese ist keine akademische, sondern ein Saal voller Monster, durch den die Schüler der Abschlussklasse sich hindurchkämpfen müssen. Von den anfangs 1600 Schülern jedes Jahrgangs überleben nur ungefähr 400 ihre Schulzeit.
El kann einige gute Tauschgeschäfte (einige einfache Zauber gegen Dinge, die sie nicht selber herstellen kann) machen, ist aber sonst auf sich alleine gestellt und interessiert sich auch nicht sonderlich für die anderen Schüler ihres Jahrgangs. Das ändert sich erst, als sie durch den Star ihres Jahrgangs, Orion, vor einem Monster gerettet wird.
Orion ist das Gegenteil von El. Nicht nur, dass er aus einer mächtigen Zaubergemeinschaft stammt (und El mit ihrer Mutter zuvor ein Leben als Aussteiger geführt hat), er hat auch eine Affinität für das Töten von Monstern, womit er – im Gegensatz zu allen anderen – Mana herstellen kann und deshalb durchgängig von einer treuen Schar Anhänger begleitet wird.
El begegnet Orion allerdings nicht dankbar, sondern ablehnend, was diesen seltsamerweise eher anzieht. Und mit ihm auch alle seine Anhänger, von denen fast alle ebenfalls in einer privilegierten Situation sind. Nachdem El ihre Ablehnung etwas reduziert hat, profitiert sie von Orions Anwesenheit. Sie muss nicht ständig wachsam sein und kann tatsächlich zwei Freundinnen finden.
Durch Orions überdurchschnittliche Kräfte beim Bekämpfen der Monster gerät das empfindliche Gleichgewicht, das die Schule zum Existieren benötigt, ins Wanken. Immer mehr Monster dringen in die Bereiche der Schüler ein, da die Schule durch das Töten der Schüler die Energie gewinnt, die sie zum existieren benötigt und schnell wird klar: Irgendetwas muss passieren.
Die Abschlussklasse wendet sich an Orion und El und bittet sie darum, schon vor der Abschlussprüfung in den Festsaal einzudringen und die Monster zu töten, sodass sie bei ihrer Abschlussprüfung ein leichtes Spiel haben. Nur wie? Dafür müssen die Schüler zusammenarbeiten, was normalerweise nicht ihrem Alltag entspricht und Herausforderungen auch nicht-magischer Art verspricht.
Unsympathischer und gerade dadurch spannender Charakter
Ich finde den Weltenaufbau und die Erklärungen zur Scholomance spannend und bereits die ersten Seiten fesseln mich. Die Protagonistin El ist nicht unbedingt ein sympathischer Charakter. Sie ist egoistisch, unempathisch und hat wirklich kein Interesse an anderen Menschen.
Allerdings bekommt man auch einen guten Einblick in ihr Seelenleben. Kann man jemandem, der sein Leben lang auf Ablehnung stößt und bei dem bei fast allen Zaubern etwas Schlimmes passiert (was El gar nicht möchte) wirklich verübeln, misstrauisch und zurückgezogen zu sein?
Neben dem aufregenden und actionreichen Kampf gegen die Monster fasziniert mich die persönliche Entwicklung der Charaktere, insbesondere von El und Orion, die beide erst im Verlauf der Geschichte lernen, was Freundschaft ist. Außerdem finde ich die kaum verhohlene Kritik am Klassismus gut umgesetzt und sehr spannend. Glücklicherweise bekomme ich gleich alle drei Bände auf einmal, sodass ich sie am Stück durchlesen kann. Ich bin durchweg begeistert.
Das Buch
- Novic, Naomi: Scholomance – Tödliche Lektion. Deutsch von Doris Attwood. Cbj, 2021.
Weitere Bände
- Der letzte Absolvent. Cbj, 2021.
- Goldene Enklaven. Cbj, 2022.
Michelle Szellas
22.06.2025, aktualisiert am 25.06.2025
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