Buchagentin Irene Winters bringt sich und ihren Assistentin in unterschiedlichen Welten in Lebensgefahr, um seltene Bücher zu stehlen. Contemporary Fantasy über den Erwerb seltener Bücher in einer multidimensionalen Bibliothek. Eine Rezension von Michelle Szellas.

London der Industrialisierung

Die Bibliothekarin Irene Winters erwirbt für ihre Bibliothek seltene Bücher, die dafür sorgen, dass ihre Welt die Balance zwischen Chaos und Ordnung behält.

In den unterschiedlichen Welten setzt sie zusammen mit ihrem Assistenten Kai – einem Drachen, meist in Menschengestalt – oft ihr Leben aufs Spiel. Da sie die Bücher meistens illegal erwirbt, ist ihr Job sehr gefährlich, aber auch aufregend und abwechslungsreich.

Im ersten Band der Reihe begibt sich Irene ins London zur Zeit der Industrialisierung. Leider wurde das Buch, das sie dort stehlen soll, bereits von jemand anderem gestohlen. Die Welt ist mehr dem Chaos zugeneigt und so treiben dort unter anderem Werwölfe ihr Unwesen, die für einige brenzlige Situationen sorgen, in denen sie mit ihren Verbündeten vor Ort um ihr Leben kämpfen muss.

Mit der Hilfe des in der Welt ansässigen Detektivs Vale versuchen Kai und Irene, das Buch zurück zu stehlen. Es stellt sich heraus, dass Alberich, der einst selbst ein Bibliothekar war, nun aber die Bibliothek zerstören möchte, seine Finger im Spiel hat. So beginnt eine gefährliche Mission, bei der sich Irene nicht nur den Avancen eines sehr charmanten und attraktiven Elfen erwehren, sondern auch mehreren Mordanschlägen entkommen muss.

Der Krieg zwischen Chaos und Ordnung

Alle Welten bewegen sich zwischen Chaos und Ordnung. Je mehr Chaos in einer Welt herrscht, desto archetypischer - also klischeehafter - benehmen sich ihre Bewohner. Beispielsweise sind dort alle Frauen schüchterne, hübsche Mädchen, die gerettet werden müssen - natürlich von den furchtlosen, attraktiven Helden, die keine Angst verspüren. Die Realität dieser Welten ist sehr flexibel und erinnert auch von den Storys innerhalb an klischeehafte Romane. In den Chaoswelten herrschen meist Elfen, die Menschen als Statisten in ihren Geschichten verwenden und selbst als Hauptdarsteller agieren. In den von Ordnung beherrschten Welten, die in der Regel hochtechnologisch und den Naturgesetzen unterworfen sind, herrschen Drachen.

Elfen und Drachen führen seit Jahrhunderten mal mehr, mal weniger offen Krieg miteinander, während die menschlichen Bibliothekare neutral bleiben und durch ihre Arbeit versuchen, das Gleichgewicht zwischen allem zu halten. Denn wenn die Welten zu sehr ins Chaos oder Ordnung abdriften, werden sie von innen heraus zerstört. Alberich hat es sich in den Kopf gesetzt, so viele Welten wie möglich zu zerstören, um sich an der Bibliothek zu rächen und diese zu zerstören.

Glücklicherweise können die Bibliothekare auf die Sprache zurückgreifen, mit der sie die Realität ein wenig zu ihren Gunsten verändern können, in dem sie bestimmen, was passieren soll - allerdings mit körperlichen Auswirkungen wie Nasenbluten oder Kopfschmerzen - und im schlimmsten Falle sogar dem Tod.

Die Buchreihe für Bücherfans

Bücher über Bücher und Bibliotheken mit allem, was damit zusammenhängt, sprechen mich immer sofort an. Und so ist es auch bei dieser Reihe. Das multidimensionale Universum, verschiedene Zeiten, Anspielungen auf unterschiedliche Romane wie beispielsweise Sherlock Holmes (auf dem ganz eindeutig die Figur des Detektivs Vale beruht) und eine unabhängige Protagonistin, die sehr gut auf sich selbst aufpassen kann – ich bin begeistert! Der anschauliche Schreibstil trägt dazu bei, dass ich mich sehr gut mit Irene identifizieren und ihre Gedanken sowie Handlungen nachvollziehen kann.

Obwohl es in jedem Band eine eigene Hauptgeschichte gibt, werden im Laufe der Reihe unterschiedliche Geschichten aus früheren Bänden ergänzt. Ich freue mich immer darauf, im nächsten Band etwas über Irenes Vergangenheit, ihre Eltern oder auch ihren mysteriösen Assistenten Kai zu lernen.

Irene wird als Kind von Bibliothekaren adoptiert und verbringt ihr ganzes Leben in der Bibliothek. Ihre Eltern lernt sie deshalb nie kennen. Im Verlauf der Geschichte lernt man als Leser auch viel über die Bibliothek, wie sie funktioniert und weshalb sie nötig ist.

Ich fliege geradezu durch die Seiten, die actionreichen Stellen sind sehr detailliert und anschaulich geschildert. Doch auch die Beschreibungen der jeweiligen Welten, in denen sich Irene gerade aufhält, sind fantastisch. Ich kann mich in jedes Setting sehr gut reinversetzen.

Die Spannung bleibt über die gesamte Reihe hinweg aufrecht, weil in jedem Band neue Informationen ans Licht kommen, die auch vorangegangene Ereignisse in einem anderen Licht erscheinen lassen, sodass auch ein erneutes Lesen der Reihe großen Spaß macht.

Das Buch

  • Cogman, Genevieve: Die unsichtbare Bibliothek (Originaltitel: The Invisible Library). Aus dem Englischen übersetzt von Arno Hoven. Bastei Lübbe, 2015.

Weitere Bücher der Reihe

  • Cogman, Genevieve: Die maskierte Stadt (Originaltitel: The Masked City). Aus dem Englischen übersetzt von Arno Hoven. Bastei Lübbe, 2016.
  • Cogman, Genevieve: Die flammende Welt (Originaltitel: The Burning Page). Aus dem Englischen übersetzt von André Taggeselle. Bastei Lübbe, 2017.
  • Cogman, Genevieve: Das dunkle Archiv (Originaltitel: The Lost Plot). Aus dem Englischen übersetzt von André Taggeselle. Bastei Lübbe, 2018.
  • Cogman, Genevieve: Das tödliche Wort (Originaltitel: The Mortal Word). Aus dem Englischen übersetzt von Arno Hoven. Bastei Lübbe, 2019.
  • Cogman, Genevieve: Die verborgene Geschichte (Originaltitel: The Secret Chapter). Aus dem Englischen übersetzt von Arno Hoven. Bastei Lübbe, 2020.
  • Cogman, Genevieve: Das geheime Gewölbe (Originaltitel: The Dark Archive). Aus dem Englischen übersetzt von Arno Hoven. Bastei Lübbe, 2021.
  • Cogman, Genevieve: Das verbotene Kapitel (Originaltitel: The Untold Story). Aus dem Englischen übersetzt von Arno Hoven. Bastei Lübbe, 2022.

Michelle Szellas
11.05.2025, aktualisiert am 13.05.2025

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