Gekonnt kürzen

Texte kürzen wir aus zwei Gründen:

  1. Textexterne Vorgaben: Umfangsbeschränkungen seitens des Verlags, der Zeitschrift, der Universität, Druck- oder sonstige Kosten pro Texteinheit etc.
  2. Textimmanente Überlegungen: insbesondere der Wunsch, den Text schneller und besser verständlich zu machen, übersichtlicher zu gestalten usw.

Auch wenn es keine Umfangs-Obergrenze gibt (etwa in Blogs oder E‑Mails), lohnt sich die Einhaltung der Maxime: nur so lang wie nötig und so kurz wie möglich.

Die Leser danken es Ihnen, gerade wenn es um Gebrauchs- oder Informationstexte geht, bei denen es fast ausschließlich auf die Informationsvermittlung ankommt.

Der erfahrene Texter und Redakteur Evgenij Unker fasst im Folgenden die wesentlichen Tricks und Tipps fürs Kürzen von Texten zusammen. Die Tipps richten sich sowohl an unerfahrene Schreiber als auch an versierte Texter-Kollegen.

Übersicht mit den wichtigsten Tipps zum Thema Textkürzung.
Grafischer Überblick über die wichtigsten Tipps zum Kürzen von Texten ohne inhaltliche Verluste.

Inhaltsverzeichnis

Klicken Sie auf das Thema, um direkt zum jeweiligen Kapitel zu springen:

Von Anfang an kurz bleiben

Lassen Sie es nicht so weit kommen, dass der Text zu lang gerät. Schreiben Sie kurz.

Wenn Ihnen die Zielgruppe und die Umfangsvorgabe im Voraus bekannt sind, planen Sie den Text von Beginn an kurz.

Wenn Sie nicht der Autor sind, informieren Sie diesen rechtzeitig über die Umfangsbeschränkung.

Ziel im Blick behalten

Um kurz zu bleiben, müssen Sie vor dem Schreiben entscheiden, was Sie aussagen möchten und wer Ihre Zielgruppe ist.

Wenn Sie sich auf die Kernaussage beschränken und alles andere weglassen, bleiben Sie im vorgegebenen Umfangsrahmen und fesseln den Leser.

Text ruhen lassen

Gehen Sie nicht gleich ans Kürzen. Lassen Sie den Text möglichst einige Tage reifen. Je länger der Text, desto länger sollte die Pause vor dem Kürzen sein.

Das gilt nicht nur fürs Kürzen, sondern für jede Form der Textoptimierung und -korrektur. Weitere Tipps zum Korrigieren von Texten finden Sie hier >>

Inhalte aufteilen

Wenn’s nicht zum Kernthema passt, Ihnen aber unter den Nägeln brennt, lagern Sie den Inhalt aus. Er wird zum neuen Artikel oder Buch.

In einer Zeitschrift oder in einem Blog können Sie Ihre Veröffentlichung als Artikelserie anlegen.

Quellenverweise nutzen

Sie müssen nicht das Rad neu erfinden. Wenn Sie oder jemand anders schon über ein Thema geschrieben haben, verweisen Sie darauf.

Mit einem Internetlink oder der bibliografischen Angabe einer Buchveröffentlichung demonstrieren Sie Ihre Kompetenz.

Rechtfertigen Sie sich nicht für den Verweis. Ständige Entschuldigungen dafür, dass der Platz beschränkt ist, langweilen und ermüden den Leser. Und verbrauchen Platz!

Einleitung in einem Satz

Die meisten Texte haben zu lange Einleitungen. Warum? Vermutlich weil die meisten Schreiber mit der Einleitung anfangen. Sie brauchen Zeit, um sich warmzuschreiben. Am Ende vergessen sie, die Einleitung zu kürzen.

Sagen Sie in einem oder höchstens zwei–drei Sätzen, was Sie in Ihrem Text vorhaben. Nehmen Sie schon die Kernaussage vorweg, wenn es ohnehin nur auf die Informationsvermittlung ankommt.

Ein Beispiel-Einleitungssatz für diesen Artikel ist:

Der Artikel fasst die wichtigsten Methoden zum Kürzen von Texten zusammen und richtet sich an eine breite Leserschaft.

Wenn aus dem Kontext, etwa der Überschrift, klar ist, worum es in dem Text geht, kann die Einleitung ganz weggelassen werden. Eine Ausnahme bilden formale – etwa wissenschaftliche – Texte, die einer festen Struktur folgen.

Fazit weglassen

Der Schlussteil kann ebenfalls zu einem Satz verdichtet oder weggelassen werden. Manche formalen Textformen wie akademische Arbeiten erfordern zwar ein Fazit, aber niemand schreibt vor, wie ausführlich es ausfallen soll.

Oft reicht ein kurzes Fazit nach dem Muster:

Die Untersuchung ergab, dass der herrschenden Meinung zu widersprechen ist. Der § ... ist nicht im Falle von ... anwendbar. Dafür sprechen die folgenden Gründe: 1. ... 2. ... 3. ...

Wiederholungen ausmerzen

Gerade bei längeren Texten sind trotz eines gut strukturierten Schreibplans Wiederholungen nicht zu vermeiden.

Gehen Sie den Text – möglichst in einem angemessenen zeitlichen Abstand nach der eigentlichen Schreibphase – zielgerichtet auf inhaltliche oder wörtliche Doubletten durch.

Diese verstecken sich gerne:

  • in der Einleitung und im Fazit, in Überschriften,
  • in Fußnoten und sonstigen Paratexten (Abstracts, Klappentexten, Bildunterschriften etc.),
  • in weit auseinanderliegenden Abschnitten, die ein ähnliches Thema behandeln,
  • in Textabschnitten, die Sie im größeren zeitlichen Abstand verfasst haben,
  • am Anfang und Ende jedes Kapitels (besonders bei Zusammenfassungen oder bei Vorausverweisen).

Fotos, Grafiken, Tabellen einsetzen

Sie kennen das Sprichwort, das in solchen Fällen zitiert wird. Nutzen Sie die Volksweisheit!

Folgende Daten lassen sich gut grafisch darstellen:

  • Aussehen von Personen, Landschaften, Tieren, Gegenständen,
  • Namenslisten, Kontaktdaten,
  • Preislisten, Messdaten,
  • technische Daten,
  • räumliche, zeitliche oder inhaltliche Beziehungen.

Der Erstellung von Infografiken haben wir einen Spezialartikel gewidmet >>

Nicht zu vernachlässigen sind Spiegelstrichlisten (Bullet-Point-Listen) wie die eben dargestellte. Listen ermöglichen erhebliche Platzeinsparungen bei der Darstellung gleich strukturierter Inhalte.

Floskeln und Füllwörter tilgen

Die Wörter aus der folgenden Liste lassen sich oft ohne jeglichen Sinnverlust streichen. Die Betonung liegt auf dem Wörtchen oft. Im Einzelfall können diese Ausdrücke einen Bedeutungsunterschied ausmachen. Oder sie lassen den Text lebendiger und flüssiger erscheinen.

Setzen Sie diese und ähnliche Wörter sparsam und bewusst ein:

  • anscheinend
  • im Grunde genommen
  • immer
  • in diesem Fall
  • ja
  • eigentlich
  • einigermaßen
  • einmal
  • definitiv
  • genau genommen
  • hier
  • höchstwahrscheinlich
  • mal
  • normalerweise
  • nun
  • relativ
  • sicher
  • sozusagen
  • tatsächlich
  • total
  • vergleichsweise
  • vermutlich
  • vielleicht
  • völlig
  • wahrscheinlich
  • weitgehend
  • wieder
  • wirklich
  • wohl
  • ziemlich

Zahlen als Ziffern schreiben

Viel Platz sparen Sie, wenn Sie bei Zahlen zur Ziffernschreibweise greifen. Bei Mengenangaben können Sie die Einheit ebenfalls abkürzen:

Nicht: Er wohnte vierzig Kilometer entfernt.
Sondern: Er wohnte 40 km entfernt.

Mehr über das Thema Zahlenschreibweise im Deutschen erfahren Sie hier.

Aktiv statt Passiv

Passivkonstruktionen nehmen nicht nur aufgrund der benötigten Hilfsverben mehr Platz ein. Sie sind auch noch schwerer zu verstehen, wirken unpersönlicher und verschleiern häufig unpräzises Denken.

Formulieren Sie in Aktivform:

Nicht: In diesem Artikel werden viele Tipps zum Kürzen gegeben.
Sondern: In diesem Artikel gebe ich viele Tipps zum Kürzen.

Indikativ statt Konjunktiv

Ähnliches gilt für Konjunktivkonstruktionen:

Nicht: Wenn auf der Welt Frieden herrschen würde, bräuchten wir keine Waffen.
Sondern: Wenn auf der Welt Frieden herrscht, brauchen wir keine Waffen.

Vollverb statt Modalverb

Wenn es auf die modale Bedeutung nicht ankommt, streichen!

Nicht: Ich möchte Sie gerne einladen!
Sondern: Ich lade Sie ein!

Verb statt Substantiv

Indem sie viele Substantive benutzen, versuchen Autoren ihren Stil objektiver und wissenschaftlicher klingen zu lassen. Verben machen den Text kürzer und verständlicher:

Nicht: Das Inkrafttreten des Gesetzes verzögerte sich.
Sondern: Das Gesetz trat später in Kraft.

Präteritum statt Perfekt

Die Präteritum-Form ist kürzer und wirkt in der Schriftsprache feiner:

Nicht: Ich habe diesen Artikel mehrmals gekürzt.
Sondern: Ich kürzte diesen Artikel mehrmals.

Komposita bilden

Manche Wörter, besonders Substantivphrasen, lassen sich zu einem verkürzen:

Nicht: Tipps zum Kürzen
Sondern: Kürzungstipps

Begleittexte ausnutzen

In wissenschaftlichen oder akademischen Texten gilt es als schlechter Stil, Informationen, die Überschriften, Abbildungen, Bildunterschriften entnommen werden können, als gegeben vorauszusetzen. Dafür gibt es vom Prüfer mitunter Punktabzug.

In anderen Textarten können Sie mutiger auf Wiederholungen verzichten und Informationen nach Belieben zwischen Haupttext und Begleittexten aufteilen.

Synonyme verwenden

Für viele Wörter und Ausdrücke lassen sich kürzere Synonyme (Ausdrücke mit ähnlicher Bedeutung) finden. Einige Beispiele:

Beispiele für kürzere Synonyme.
Längerer Ausdruck Kürzeres Synonym
in Gebrauch haben nutzen
Informationen austauschen kommunizieren
im Garten arbeiten gärtnern
kommunizieren reden, schreiben o. Ä.
Rechnung erstellen fakturieren

Fachbegriffe bewusst einsetzen

Einerseits können Fachausdrücke den Text stark komprimieren. Ein Beispiel aus der Pädagogik:

Statt: Wir unterscheiden nicht zwischen Kindern mit Migrationshintergrund und einheimischen Kindern, Kindern mit Lernschwäche und Hochbegabung, Kindern mit Behinderung und „normalen“ Kindern. Wir trennen die Kinder nicht voneinander und unterrichten alle Kinder zusammen.

Auch möglich: Wir sind eine inklusive Schule.

Andererseits müssen Fachbegriffe je nach Zielgruppe erläutert werden. Das erhöht den Textumfang.

Nicht nur gegenüber Laien sollten Sie Fremdwörter und Fachbegriffe erklären. Auch Experten untereinander tun gut daran, sich zuerst auf eine möglichst eindeutige Definition zu einigen, bevor sie weitere Forschungen betreiben.

Meine Tipps:

  • Je länger ein Text ist, desto eher zahlt es sich aus, komplexere Zusammenhänge einmal explizit unter einem Fachbegriff zusammenzufassen und danach nur diesen zu benutzen. Ein Glossar hilft dem Querleser, sich zurechtzufinden.
  • Bei kürzeren Texten verzichten Sie lieber ganz auf Fachbegriffe.

Letzte Lösung: Abkürzungen auf Wortebene

Wenn alle bisherigen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, bleibt als Notlösung, den Text auf Wortebene zu kürzen. Aus zum Beispiel wird z. B. oder z.B. (ohne Leerzeichen), aus Auto wird Kfz, das heißt mutiert zu d. h. Dies birgt die Gefahr, dass der Text schwerer lesbar wird. Wenn Sie die Verständlichkeit verbessern wollen, sind Abkürzungen also ungeeignet.

Verwenden Sie Abkürzungen sparsam und beschränken Sie sich möglichst auf allgemein bekannte Fälle wie die genannten. Sollten Sie weniger gebräuchliche Abkürzungen benötigen, geben Sie dem Text eine Abkürzungsliste bei. So stellen Sie sicher, dass Ihre Leser Sie verstehen.

Weitere Tipps zum Umgang mit Abkürzungen finden Sie hier >>

Allerletzte Lösung: Layout-Tricks

Erfolgte die Umfangsbeschränkung nicht in Form einer Wort- oder Zeichenanzahl, sondern in physischen Seiten? Wenn es sonst keine Formatierungsvorgaben gibt, können Sie durch den einen oder anderen Trick mehr Text auf weniger Seiten platzieren:

  • automatische Silbentrennung aktivieren,
  • den Text in mehreren Spalten anordnen,
  • kleinere Schriftgröße, platzsparendere Schriftart (Times News Roman, ITC Weidemann etc.) im Haupttext, in den Fußnoten, bei den Überschriften, Bildunterschriften etc. wählen,
  • geringere Randabstände (oben, unten, links, rechts) und
    geringere Zeilenabstände, geringere Absatzabstände einstellen
    (auch vor und nach Überschriften, in Fußnoten, bei Bildunterschriften etc.),
  • auf Leerseiten verzichten, halbleere Seiten zusammenführen,
  • Bilder, Fotos, Tabellen, Listen verkleinern,
  • Fußnoten am Textende statt am Seitenende platzieren,
  • die Zeichenabstände verkleinern,
  • die Verzeichnisse platzsparender formatieren
    (Inhaltsverzeichnis, Abkürzungsverzeichnis, Literaturverzeichnis etc.).

Übertreiben Sie es mit diesen Tricks nicht: Der optische Eindruck und die Lesbarkeit sollten nicht unter Ihren Seitensparversuchen leiden. Sonst drohen im Prüfungskontext bewusste oder unbewusste Punkteabzüge und im Marketingkontext ein sich genervt von Ihrer Anzeige abwendender Leser.

Wenn es allein nicht weitergeht

Wie jede andere Form der Textredaktion erfordert das Kürzen viel Zeit und Erfahrung. Wenn Sie das Gefühl haben, alles Mögliche schon getan zu haben, und der Text ist trotzdem zu lang, können Sie einen Bekannten oder Kollegen bitten, über den Text zu schauen.

Ihr Bekannter oder Kollege hat mehr Distanz zum Text und kann Tipps geben, wo noch Buchstaben eingespart werden können. Schließlich ist er in Ihren Text nicht so verliebt wie Sie und kann objektiver urteilen.

Wenn Sie auch das nicht weiterbringt oder das Projekt eilt, hilft ein professioneller Texter weiter. Er kostet zwar Geld, spart aber im Zweifel Zeit und Geld. Außerdem: Sie können von ihm lernen und sind beim nächsten Mal selbst erfolgreicher beim Kürzen.

Quellen

Neben eigener Erfahrung als Texter und Redakteur inspirierten mich die folgenden Artikel:

Evgenij Unker, 04.05.2018, zuletzt gekürzt am 25.11.2020

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