Michelle Szellas vom Lektorat-Unker-Team teilt ihre Leseerfahrungen zur Autobiografie von Rio Reiser „König von Deutschland“.
Kunst und Geschichte
Das Buch führt den Leser von Rios Kindheit zur Zeit bei der Band „Ton Steine Scherben“ und auch ein wenig durch die Zeit danach. Leider nur sehr kurz, denn das Buch erschien 1994, also zwei Jahre vor dem frühen Tod des Künstlers und nur 9 Jahre nach der Auflösung der Band.
Ich hatte mich nie intensiv mit Rio Reiser oder den „Scherben“ auseinandergesetzt, eher mit deren Nachwehen in Form von deutscher Punk- oder Rockmusik, auf die diese einen essenziellen Einfluss hatten. Tatsächlich hörte ich den Song „Junimond“ als Erstes von der Band „Echt“ Anfang der 2000er – jahrzehntgerecht auf einer „Bravo“-Hits-CD. Mein Vater steckte mir irgendwann, dass der Song ein Coversong sei, und spielte mir das Original vor, das mich damals ebenso wie heute immer noch tief berührt. Der eindrückliche Gesang Reisers in Kombination mit dem traurigen Text schafft es immer, mich in eine melancholische Stimmung zu versetzen.
Rio Reiser zeichnet in seiner unnachahmlichen Art nicht nur seine musikalische Karriere nach, sondern erzählt auch nebenbei die Geschichte der BRD – natürlich aus seiner Perspektive. Der Leser wird mitgenommen auf eine Reise durch die unterschiedlichsten kreativen Ausdrucksweisen des Künstlers.
Die Poesie des Lebens
Als Kind und Jugendliche war ich ein paar Mal auf dem „Jimi-Hendrix-Revival-Festival“ auf Fehmarn, das diesem Künstler Tribut zollt und an das „Love-and-Peace-Festival“ von 1970 erinnert, bei dem der letzte Auftritt des Ausnahme-Gitarristen stattfand. Was mir bis zum Lesen der Rio-Reiser-Biografie nicht bewusst war, ist, dass das desaströse Ende des Festivals zu den Klängen von „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ stattfand. Die Besucher und die freiwilligen Helfer randalierten; der Veranstalter verschwand mit der Kasse, anstatt die Mitarbeiter auszuzahlen. Geradezu poetisch, wenn man mich fragt.
Rio Reiser beschreibt eindrücklich, wie die politischen Ansichten auch immer die Musik beeinflussen und wie beispielsweise der Tod Benno Ohnsorgs sowohl in der politischen als auch in der musikalischen Welt nachhallte. Ein weiterer sehr interessanter und aufschlussreicher Aspekt des Buches ist die Homosexualität des Sängers, zu der er sich offen bekennt – mutig für die damalige Zeit; das Buch zeigt auch den Umgang mit Homosexualität in der BRD in den 1980ern.
Ich schließe mit einem Zitat einer meiner Lieblingsbands: „Wir sind die Kinder von Ton Steine Scherben.“ (Swiss und die Andern: „Pogo“)
Die Musik
Hier findet ihr eine Auswahl meiner Lieblingsstücke von Rio Reiser sowie Ton Steine Scherben:
- „Junimond“: https://www.youtube.com/watch?v=X6VIYLmS6vM&list=RDX6VIYLmS6vM&start_radio=1
- „Für immer und dich“: https://www.youtube.com/watch?v=1JEClMj2YIw&list=RD1JEClMj2YIw&start_radio=1
- „Rauch-Haus-Song“: https://www.youtube.com/watch?v=TYSFGT7UGS8&list=RDTYSFGT7UGS8&start_radio=1
- „Macht kaputt, was euch kaputt macht“: https://www.youtube.com/watch?v=WTE28YU_FrY&list=RDWTE28YU_FrY&start_radio=1
- „Keine Macht für Niemand“: https://www.youtube.com/watch?v=If86BGq46TE&list=RDIf86BGq46TE&start_radio=1
Das Buch
- Reiser, Rio/Eyber, Hannes: König von Deutschland. KiWi, 1994.
Die Autobiographie von Rio Reiser kommt mit einem Vorwort von Rocko Schamoni daher. Schamoni bringt darin seine Verehrung für Rio Reiser zum Ausdruck.
Michelle Szellas
21.03.2025, aktualisiert am 08.04.2025
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