Humorvoller Ratgeber für alle, die eine Rockband gründen wollen. Oder einfach eine spannende Lektüre für „Itchy“- und Rockmusik-Fans. Rezension von Michelle Szellas.

Eine Anekdotensammlung mit didaktischem Wert

Die drei Mitglieder der deutschen Punkrock-Band „Itchy“ sind nicht nur für ihre intensiven Live-Shows bekannt, sondern auch dafür, kein Fettnäpfchen auszulassen.

Das kann man bereits seit Jahren auf ihrer Homepage in ihren Konzertberichten nachlesen. Ihre Website lief übrigens jahrelang unter der Domain www.scheisscombo.de. Das alleine sagt schon sehr viel darüber aus, wie ernst die Band sich selber nimmt.

14 Jahre nach ihrer Bandgründung, im Jahr 2015, gibt die Punkrockband „Itchy“ (damals noch als „Itchy Poopzkid“) aus der Metropole Eislingen an der Fils ein Buch heraus. Im Buch stellen sie ihre Erlebnisse in verschiedenen Kapiteln (zum Beispiel: „Warum will ich eigentlich eine Band haben?“, „Passende und unpassende Konzertlocations“ oder „Feiern nach der Show“) zusammen und geben einen Einblick in ihr Musikerleben.

Das Buch ist hauptsächlich eine Anekdotensammlung. Die Anekdoten dienen gleichzeitig zur Erteilung eines Rates. Beispielsweise: Leihe nicht das Equipment einer anderen Band, wenn diese während des eigenen Auftritts bereits fahren muss, sonst steht man plötzlich ohne Basedrum da.

Natürlich ist all dies mit mehr als einem Funken Humor zu nehmen. Dennoch: Die Einblicke in das Bandleben einer Band, die unermüdlich tourt und sich mit den Jahren eine stabile Fangemeinde aufgebaut hat, ehrlich zu ihren Fehlern steht und dabei unfassbar sympathisch ist, lohnt sich auch für Leser, die noch nie etwas von der Band Itchy gehört haben.

Authentisch und humorvoll

Selbstironisch und geradeheraus werden Fauxpas wiedergegeben und fast immer wird die schuldige Person innerhalb der Band verortet.

Die Lektüre führt den Leser von den ersten Tagen im Proberaum (obwohl Proben bis heute so kurz wie möglich gehalten werden) bis hin zu Auftritten auf großen Festivals – womit natürlich auch die Gefahr für große Katastrophen steigt.

Sich selbst schonen die drei in ihren Berichten nie, geben ehrlich ihre Verfehlungen zu – und trotzdem habe ich mich an mancher Stelle gefragt, wie eine einzelne Band so viel Pech haben kann. Oder so verpeilt sein kann.

Ich bin seit zirka 2008 Fan von Itchy und habe sie einige Male live gesehen. Ich kann bestätigen, dass das, was sie in ihren Konzertberichten darlegen, absolut der Wahrheit entspricht. Von Text-Blackouts über das Vergessen der richtigen Akkorde oder technische Unwissenheit – es war alles dabei.

Zwanzig Jahre später

Interessanterweise geben Itchy zu ihrem 20. Bandjubiläum im Jahr 2021 ein weiteres Buch heraus, in welchem sie von weiteren Fuck-ups erzählen. Sie brauchen also nur 6 Jahre, um genug skurrile Geschichten für ein weiteres Buch zu sammeln – durchaus respektabel.

In dem neuen Buch kommen einige Wegbegleiter (der ehemalige Produzent, der ehemalige A&R-Manager, freundschaftlich verbundene Bands) zu Wort und berichten von ihren Erlebnissen mit Itchy. Die Werbung für das Buch sah übrigens folgendermaßen aus: Befreundete Künstler haben Abschnitte aus dem Buch vorgelesen - größtenteils Menschen, die kein Deutsch sprechen und das Ergebnis war einfach unfassbar witzig.

Außerdem haben sie rund um das Erscheinen ihres 9. Studio-Albums den Podcast „Deep Dive“ mit 13 Folgen aufgenommen, in denen sie hauptsächlich auf ihre Alben und deren Entstehung eingehen – und auf weitere Ausrutscher und Unfälle.

Man kann mit Gewissheit sagen, dass Itchy vielleicht nicht die virtuoseste oder innovativste Band ist, aber mit Sicherheit eine der sympathischsten und authentischsten in der deutschen Musikszene. Itchy setzt sich bereits seit Jahren für den Schutz der Meere ein und war Bestandteil einiger Kampagnen von Sea Shepherd. Außerdem sind sie nie um eine klare Haltung verlegen: Als 2023 Vorwürfe der sexuellen Gewalt gegen den Sänger der Band „Anti-Flag" publik wurden, nahmen sie den gerade erst erschienenen Song, den sie mit ihm zusammen aufnahmen, noch einmal komplett neu auf und drehten auch das bereits erschienene Video neu, um ihm keinerlei Plattform mehr zu bieten.

Um Itchy zu zitieren: „Wir haben das nie gelernt, wir haben das nur gemacht.“ (Itchy: „Faust“)

Die Musik

Wer Lust bekommen hat, sich die Musik der drei Chaoten anzuhören, kann sich hier einen ersten Eindruck verschaffen:

Die Bücher

  • Itchy Poopzkid: How To Survive As A Rock Band: Der ultimative Ratgeber einer trendresistenten Non-Hit-Wonder Band. Findaway Books, 2015.
  • Itchy: 20 Years Down The Road: How To Survive As A Rock Band II. Findaway Books, 2021.

Michelle Szellas
25.03.2025, aktualisiert am 29.04.2025

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