Humorvoller Ratgeber für alle, die eine Rockband gründen wollen. Oder einfach eine spannende Lektüre für „Itchy“- und Rockmusik-Fans. Rezension von Michelle Szellas.

Michelle Szellas zeigt sich als Itchy-Fan: mit den beiden Bänden von „How to Survive as A Rock Band“ und dem Anti-AfD-T-Shirt der Band.

Eine Anekdotensammlung mit didaktischem Wert

Die drei Mitglieder der deutschen Punkrock-Band „Itchy“ aus der Metropole Eislingen an der Fils sind nicht nur für ihre intensiven Live-Shows bekannt, sondern auch dafür, kein Fettnäpfchen auszulassen.

Das konnte man viele Jahre auf ihrer Homepage in ihren Konzertberichten nachlesen. Ihre Website lief übrigens jahrelang unter der Domain www.scheisscombo.de. Das alleine sagt schon sehr viel darüber aus, wie ernst die Band sich selber nimmt.

14 Jahre nach ihrer Bandgründung, im Jahr 2015, gibt die Punkrockband „Itchy“ (damals noch als „Itchy Poopzkid“) ein Buch heraus. Darin stellen die drei Bandmitglieder Sebastian Hafner, Daniel Friedl und Maximilian Zimmer ihre Erlebnisse als Musiker in verschiedenen Kapiteln zusammen. Die Kapitel tragen Namen wie zum Beispiel „Warum will ich eigentlich eine Band haben?“, „Passende und unpassende Konzertlocations“ oder „Feiern nach der Show“.

Das Buch ist hauptsächlich eine Anekdotensammlung. Die Anekdoten münden auch immer in einen praktischen Ratschlag. Beispielsweise: Leihe das Equipment nicht von einer anderen Band, wenn diese während deines Auftritts bereits fahren muss, sonst stehst du plötzlich ohne Basedrum da.

Natürlich ist all dies mit mehr als einem Funken Humor zu nehmen. Dennoch: Die Einblicke in das Leben einer Band, die unermüdlich tourt und sich mit den Jahren eine stabile Fangemeinde aufgebaut hat, ehrlich zu ihren Fehlern steht und dabei unfassbar sympathisch ist, lohnt sich auch für Leser, die noch nie etwas von der Band „Itchy“ gehört haben.

Authentisch und humorvoll

Selbstironisch und geradeheraus werden Fauxpas wiedergegeben und fast immer wird die schuldige Person innerhalb der Band verortet.

Die Lektüre führt den Leser von den ersten Tagen im Proberaum (obwohl Proben bis heute so kurz wie möglich gehalten werden) bis hin zu Auftritten auf großen Festivals – womit natürlich auch die Gefahr für große Katastrophen steigt.

Sich selbst schonen die drei in ihren Berichten nie, geben ehrlich ihre Verfehlungen zu – und trotzdem frage ich mich an mancher Stelle, wie eine einzelne Band so viel Pech haben kann. Oder so verpeilt sein kann.

Ich bin seit zirka 2008 Fan von Itchy und habe sie einige Male live gesehen. Ich kann bestätigen, dass das, was sie in ihren Konzertberichten darlegen, absolut der Wahrheit entspricht. Von Text-Blackouts über das Vergessen der richtigen Akkorde oder technische Unwissenheit – es ist alles dabei.

Zwanzig Jahre später

Interessanterweise geben Itchy zu ihrem zwanzigsten Bandjubiläum im Jahr 2021 ein weiteres Buch heraus, in dem sie von weiteren Fuck-ups erzählen. Sie brauchen also nur sechs Jahre, um genug skurrile Geschichten für ein weiteres Buch zu sammeln – durchaus respektabel.

In dem neuen Buch kommen einige Wegbegleiter zu Wort und berichten von ihren Erlebnissen mit Itchy. Dazu gehören etwa der ehemalige Produzent Achim Lindermeir, der ehemalige A&R-Manager Tim Schurig, freundschaftlich verbundene Bands wie „Montreal“, die „Donots“, Tim Vantol oder die „Emil Bulls“.

Die Werbung für das Buch sieht übrigens folgendermaßen aus: Befreundete Künstler lesen Abschnitte aus dem Buch – größtenteils Menschen, die kein Deutsch sprechen. Das Ergebnis ist einfach unfassbar witzig.

Außerdem nehmen sie rund um das Erscheinen ihres neunten Studio-Albums „Dive“ den Podcast „ITCHY Deep Dive“ mit dreizehn Folgen auf, in denen sie hauptsächlich auf ihre Alben und deren Entstehung eingehen – und auf weitere Ausrutscher und Unfälle.

Man kann mit Gewissheit sagen, dass Itchy nicht die virtuoseste oder innovativste Band ist, aber mit Sicherheit eine der sympathischsten und authentischsten in der deutschen Musikszene.

Itchy engagiert sich bereits seit Jahren für den Schutz der Meere und nahm an einigen Kampagnen von Sea Shepherd teil, einer internationalen wohltätigen Organisation, die sich für Artenvielfalt und marine Ökosysteme einsetzt.

Außerdem sind sie nie um eine klare Haltung verlegen: Als 2023 Vorwürfe der sexuellen Gewalt gegen Justin Geever alias Justin Sane, den Sänger der Band „Anti-Flag“, publik werden, nehmen sie den gerade erst zusammen mit ihm aufgenommenen und erschienenen Song komplett noch einmal ohne ihn auf. Sie drehen auch das bereits erschienene Video neu, um dem – inzwischen auch gerichtlich verurteilten – Sexualstraftäter keinerlei Plattform mehr zu bieten.

Um Itchy zu zitieren: „Wir haben das nie gelernt, wir haben das nur gemacht.“ (Itchy: „Faust“)

Die Musik

Wer Lust bekommen hat, sich die Musik der drei Chaoten anzuhören, kann sich hier einen ersten Eindruck verschaffen:

Die Bücher

  • Itchy Poopzkid: How To Survive As A Rock Band: Der ultimative Ratgeber einer trendresistenten Non-Hit-Wonder Band. Findaway Books, 2015. [Findest du den orthografischen Fehler im offiziellen Buchtitel? Dann werde Lektor.]
  • Itchy: 20 Years Down The Road: How To Survive As A Rock Band II. Findaway Books, 2021.

Michelle Szellas
25.03.2025, aktualisiert am 11.08.2025

Fotografin: Janina Stenzel

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