Michelle Szellas teilt ihre Lese-Eindrücke zu Kristian Gidlunds Buch „Nach mir das Leben: Was ich am meisten vermissen werde, wenn ich nicht mehr bin“.
Der musikalische Hintergrund
Dieses Buch des Schlagzeugers der schwedischen Band „Sugarplum Fairy“ entstand zunächst als Blog: „I Kroppen Min“, deutsch: „In meinem Körper“. Dann beschloss Kristian Gidlund, den Blog als Buch herausgeben zu lassen.
Sugarplum Fairy sind sowohl musikalisch als auch tatsächlich die kleinen Brüder der schwedischen Band „Mando Diao“. Die Gitarristen und Sänger Victor und Carl Norén sind die Brüder des ehemaligen Mando-Diao-Sängers Gustaf Norén.
Die Diagnose
In dem Buch geht es eher nebensächlich um Musik oder die Band, auch wenn sie immer wieder Erwähnung finden. Die Handlung setzt mit dem Tag an, an dem Kristian Gidlund seine Diagnose erhält: Magenkrebs. Mit 27.
Gidlund beginnt einen zermürbenden Kampf gegen den Krebs, gegen seine düsteren Gedanken, gegen seinen eigenen Körper und gegen seine Krankenkasse.
Er berichtet von allem, was sein Leben lebenswert macht: von der Liebe für seine Freunde, seine Familie und seiner Dankbarkeit, dass sie alle für ihn da sind.
Der Leser wird eindrücklich und drastisch durch die Chemotherapie geführt – und durch die Gedanken des Autors. Er beschreibt in manchmal fast grausamer Genauigkeit die Auswirkungen der Krankheit und der Behandlung auf seinen Körper.
Manchmal schreibt Gidlund düstere Gedichte, führt den Leser durch seine Albträume oder schmiedet Pläne für sein Leben, nachdem er den Krebs überwunden haben wird. Denn Hoffnung ist ein großer Teil von Gidlunds Geschichte.
Der erste Teil des Buches endet mit seinem letzten Blogeintrag, in dem er sich an seine Leser wendet: „Danke, dass ihr gelesen habt. Dass ihr Liebe und Anteilnahme gezeigt habt. Danke für eure Wärme. Es war ein seltsames Jahr. Jetzt wartet etwas anderes. Der Blog ‚In meinem Körper‘ ist tot. Lang lebe mein Körper.“
Wunderschönes Ende. Wenn es denn das Ende des Buches gewesen wäre.
Zweiter Akt
Der zweite Teil beginnt abermals mit einer Diagnose: Der Krebs ist zurück. Und man kann nichts mehr machen.
Wieder hadert Kristian Gidlund mit sich, mit der Diagnose. Ist wütend, fühlt sich vom Leben und seinem Körper unfair behandelt und lässt seiner Wut und Fassungslosigkeit literarisch freien Lauf.
Er fragt sich, was aus seinen Liebsten wird, wenn er nicht mehr ist. Ist traurig darüber, dass er nie eine Familie gründen wird, nie seine Eltern alt werden sehen wird und nicht sehen wird, was aus seinen großartigen Freunden wird.
Das Buch ist herzergreifend ehrlich. Ich kann alle Facetten von Kristian Gidlunds Gefühlswelt nachspüren, spüre die Liebe, die Verzweiflung, die Trauer und die Wut. Das Buch ist unsagbar traurig und berührend, an vielen Stellen aber auch witzig und immer voller Charme und Persönlichkeit.
Mich berührt das Buch besonders, da zu der Zeit, als ich es lese, meine Mutter gerade ihre Krebsbehandlung durchläuft. Ich habe das Gefühl, dass mich die Lektüre ihr und ihrer Behandlung näherbringt und ich einiges besser verstehen kann.
Vor allem bringt es mich zum Nachdenken über das Leben. Meine Mutter ist nun seit einigen Jahren krebsfrei. Kristian Gidlund stirbt im September 2013 kurz vor seinem 30. Geburtstag.
Einige Tage vorher schreibt er noch das Ende seines Buches: „Das Abenteuer wartet, wenn ihr nur wollt. Ich werde mein Möglichstes tun, damit mein Tod ein ebensolches wird.“
Die Musik
Auch wenn es in diesem Buch nicht hauptsächlich um die Musik von Sugarplum Fairy geht, mag ihre Musik doch für den einen oder anderen interessant sein:
- „Marigold“: https://www.youtube.com/watch?v=C7r3AZiZQHc&list=RDC7r3AZiZQHc&start_radio=1
- „Last Chance“: https://www.youtube.com/watch?v=0j9OSJNhFkI&list=RD0j9OSJNhFkI&start_radio=1
- „Bus Stop“: https://www.youtube.com/watch?v=sidHu_xS4MY&list=RDsidHu_xS4MY&start_radio=1
- „Let Me Try“: https://www.youtube.com/watch?v=YFqpNSZ8Jg4&list=RDYFqpNSZ8Jg4&start_radio=1
- „Back Where We Belong“: https://www.youtube.com/watch?v=a1hYuQUQ1PM&list=RDa1hYuQUQ1PM&start_radio=1
Das Buch
- Gidlund, Kristian: Nach mir das Leben: Was ich am meisten vermissen werde, wenn ich nicht mehr bin (Originaltitel: I kroppen min). Aus dem Schwedischen übersetzt von Susanne Dahlmann. Lübbe, 2014.
Michelle Szellas
24.03.2025, aktualisiert am 08.04.2025
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